Aktuelles/News

01.09.2025

Wiborada-Jubiläumsjahr 2026: Jeden Tag läuft etwas


Im Frühling 2025 haben sich verschiedene Initiativen und Institutionen zusammengetan und den Verein «Wiborada-Jubiläum 2026» gegründet. Neben Personen aus Bildung, Stadtverwaltung, Kunst und Kultur ist auch die ökumenische Wiborada-Gruppe vertreten. Gemeinsam plant der Verein verschiedene Events im Jubiläumsjahr 2026 anlässlich des 1100-jährigen Todestags der heiligen Wiborada –  und natürlich ein Fest am 2. Mai auf St.Mangen!

Das Jubiläumsprojekt ist als gesellschaftlich-kulturelle Initiative angelegt und sucht auch die Kooperation mit etablierten städtischen Institutionen. Das umfasst künstlerische Initiativen, Bildungsangebote, Diskussionsformate und partizipative Veranstaltungen. Es richtet sich an eine breite Öffentlichkeit – von Schulen über Kulturschaffende bis hin zu historischen Institutionen. Ziel ist es, Wiborada als historisch prägende Frau und Identifikationsfigur in der heutigen Zeit erfahrbar zu machen und nachhaltig in das kulturelle Gedächtnis der Stadt einzuschreiben.

Geplant sind unter anderem ein Stadtrundgang zu «Wiboradas Schwestern», ein Update der Schulmaterialien sowie eine Diskussionsreihe zu feministischen Aspekten der Geschichtsschreibung, insbesondere im Mittelalter. Auch das ökumenische Wiborada-Projekt wird im Rahmen des Jubiläums fortgeschrieben, allerdings mit einem neuen Dreh: 2026 soll kein Tag vergehen, an dem ihre Zelle in St.Mangen leer ist. Es soll also jeden Tag jemand da sein – wie Wiborada im Jahr 916 bis zu ihrem Tod im Jahr 926. 

Das Ziel: Jeden Tag ist ein Mensch da für die anderen Menschen in der Stadt – vom Senior bis zur Stadtpräsidentin, ob Fusspflegerin oder Buschauffeur, ob Dozentin oder Bank-CEO, Zeitungsverkäufer oder Stadtarchivar. Maria Pappa, Susanne Hartmann und Olma-Chefin Christine Bolt haben sich bereits angemeldet. Es hat aber immer noch Plätze frei! Interessierte können sich hier eintragen. Der Aufenthalt dauert jeweils von 10 Uhr bis 20 Uhr. Von 13 bis 14 Uhr bleibt die Zelle für eine Stunde geschlossen, den Rest des Tages ist man für die ganze Stadt St. Gallen «da». 
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12.08.2025

Autorin Brenda Schuster arbeitet in der Wiborada-Zelle an historischem Roman


Foto: Autorin Brenda Schuster während ihrer Schreibzeit in der Wiborada-Zelle.

Im Juni 2025 lebte und arbeitete die US-amerikanische Autorin Brenda Schuster – die unter dem Pseudonym Dara Passano veröffentlicht – für eine Woche in der nachgebauten Wiborada-Zelle bei der Kirche St.Mangen. Während dieser Zeit widmete sie sich ganz ihrem aktuellen Buchprojekt über die Stadtheilige Wiborada.
 
Ihre Begegnung mit der Heiligen war reiner Zufall: Im Februar 2025 reiste sie nach St.Gallen, um ihren Partner bei einem Sportwettkampf zu unterstützen. Ursprünglich wollte sie wandern gehen, doch ein Besuch der Kirche St.Mangen führte sie zufällig zu Wiboradas Fenster. „Es hat mich gleichzeitig verwirrt und berührt“, erzählt sie. „Von allen Dingen, die ich in St.Gallen gesehen habe, war dieses Fenster das eindrücklichste. Alles andere in meinem Leben kam zum Stillstand – ich kündigte meinen Job und begann zu recherchieren und zu schreiben.“

Die Schreibzeit in der Zelle beschreibt Brenda als „magisch, demütigend und manchmal überwältigend“. Meistens schrieb sie von 6 Uhr morgens bis 21 Uhr abends – „ohne Anstrengung, eher wie in einer schnellen Strömung, in der ich versuchte, mich über Wasser zu halten“.

Der Roman trägt den Arbeitstitel Spindle. Ein Erscheinungstermin steht noch nicht fest, da Brenda einen traditionellen englischsprachigen Verlag sucht. „Ich hoffe, noch dieses Jahr gute Neuigkeiten bekannt geben zu können.“ Bis dahin können Interessierte ihre bisher veröffentlichten Kurzgeschichten unter ihrem Autorinnennamen Dara Passano im Internet finden.
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11.08.2025

Die diesjährigen Inklus:innen kommen bei einem Abschlusstreffen zusammen

Foto: Die Inklusinnen und der Inkluse beim gemeinsamen Essen. v.l.n.r.: Simone Capaul, Petra Gächter, Irene Franziska Meli, Brigitte Schoepf, Tim Mahle.

Die diesjährigen Inklus:innen haben sich zu einem Abschlusstreffen zusammengefunden, um sich über ihre Erfahrungen in der Zelle auszutauschen. Die vier Inklusinnen und der Inkluse, die im April und Mai 2025 für je eine Woche in der nachgebauten Wiborada-Zelle gelebt haben, liessen sich wie die Stadtheilige aus dem 10. Jahrhundert in eine Klause bei der Kirche St.Mangen einschliessen.

Simone Capaul, Petra Gächter, Irene Franziska Meli, Brigitte Schoepf und Tim Mahle waren zwischen April und Mai 2025 jeweils eine Woche in der Wiborada-Zelle eingeschlossen. Tim Mahle erzählte bei seinem Auschlussritual nach seiner Woche in der Zelle: "Die letzten Tage waren wie eine Pilgerreise zwischen drei Fenstern: Zunächst öffnete ich mein Fenster zur Stadt hin für die Menschen und ihre Bedürfnisse. Dann lernte ich, mir auch Zeit zu nehmen, das innere Fenster zu mir selbst zu öffnen. Und schliesslich schätzte ich auch das Fenster zur Kirche hin, für Spiritualität und die Beziehung zu Gott. Ich gehe verändert aus der Zelle, mit neuen Gedanken, Ideen und Erfahrungen.

Wiborada von St.Gallen: Inklusin und Ratgeberin 

Wiborada ist neben Gallus und Otmar die dritte St.Galler Stadtheilige, fristet aber in St.Gallen bis  heute ein Schattendasein. Die unerschrockene Frau liess sich 916 in eine Zelle bei der Kirche  St.Mangen als sogenannte Inklusin einschliessen. Beim gewaltsamen Einfall der Ungarn bezahlte sie 926 mit ihrem Leben dafür. In ihrer Zelle stand ein Fenster stets offen für jene, die Rat und Hilfe  suchten. Die beiden Viten über Wiborada erzählen, dass sich Äbte, Fürsten, Adlige, Mönche und  Menschen der Stadt an ihrem Fenster beraten liessen.

Wiborada-Projekt 

Mit dem Projekt Wiborada2021-2026 möchte ein ökumenisches Team Wiborada nden Platz in der Geschichte einräumen, der ihr gebührt. Seit 2021 lassen sich jedes Jahr fünf Personen für je eine Woche in der  nachgebauten Zelle der Wiborada von St.Gallen einschliessen. So spüren sie dem Leben der  mittelalterlichen Heiligen nach und entdecken ihre Bedeutung für Stadt und Kanton heute. Auch im Jahr 2026 wird es ein letztes Mal möglich sein, sich in die Zelle einschliessen zu lassen, um so der heiligen Wiborada gedenken und ihren Lebensweg nachspüren zu können.
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05.08.2025

Die Erzählperformance von Moni Egger wird zum zweiten Mal an der Paulus Akademie aufgeführt

Bild: Stickereiarbeit zum Stück | Teresa Serpa, Peru

Was treibt eine Frau an, sich am Rand von St. Gallen in eine Klause zurückzuziehen, sich für den Rest ihres Lebens auf 10m² Lebensraum zu beschränken und ohne Sonnenlicht in kalten Mauern zu bleiben? Lässt sich daraus heute – 1100 Jahre später – noch Sinn gewinnen?

Mit ihrer Erzählperformance über die frühmittelalterliche Heilige umkreist Moni Egger, Märchen- und Bibelerzählerin sowie promovierte Theologin, diese Fragen. Legendarisch Überliefertes und historisch Belegtes fügen sich zu einem Gesamtbild zusammen, das Wiborada als eigenständige Frau ausweist, deren Stärke in der Reduktion liegt: Je klarer sie die Grenze zwischen sich und der Welt zieht, desto klarer ist ihr Blick für das Geschehen in der Welt und dafür, was die Menschen bewegt.

Erzählung auf Schweizerdeutsch | Mit Moni Egger (Erzählerin) und dem Klosterhofquartett: Bettina Kugler (Sopran), Rita Keller (Alt), Christoph Strässle (Tenor), Walter Raschle (Bass)

Wann: Mittwoch, 24. September 2025, 19.00 bis 21.00 Uhr
Ort: Paulus Akademie, Pfingstweidstrasse 28, 8005 Zürich 
Unkostenbeitrag: CHF 30 / CHF 20* (inkl. Umtrunk)
​* für Mitglieder Gönnerverein Paulus Akademie und FKSZ, mit KulturLegi, A HV/IV- oder Studierenden-Ausweis

Aus organisatorischen Gründen wird um Anmeldung bis 21. September 25 auf Paulus Akademie gebeten.

Mehr Informationen: Programm
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19.06.2025

Vitae Sanctae Wiborada - Das Leben der Wiborada in Reclam

«Vitae Sanctae Wiborada» als Reclam Ausgabe. Foto: Cornel Dora

Das Leben der Heiligen Wiborada ist neu in einer handlichen Reclam-Ausgabe erschienen. Grundlage dieser Veröffentlichung sind die beiden überlieferten Viten aus dem Kloster St. Gallen: verfasst von Klosterdekan Ekkehart I. (960/70) und Herimannus (1072/76). Dank dieser beiden Quellen zählt Wiborada zu den am besten dokumentierten Frauengestalten des Frühmittelalters.

Die neue Ausgabe macht diese bedeutenden Texte nun einem breiteren Publikum zugänglich. «Vitae Sanctae Wiboradae» ist Shop der Stiftsbibliothek St.Gallen oder in allen Buchhandlungen für 15 Franken erhältlich.
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17.06.2025

1100 Jahre danach: Wiborada wird sichtbar in St.Gallen


Mit dem Auszug der letzten Inklusin aus der nachgebauten Wiboradazelle endet das Projekt Wiborada2025. Erstmals wurden in St.Gallen eine Passerelle sowie ein Raum nach der heiligen Heldin benannt. Für Wiboradas 1100. Todestag 2026 ist ein grosses Abschlussjubiläum geplant.

Vier Frauen und ein Mann liessen sich 2025 für je eine Woche in der nachgebauten Wiboradazelle bei der Kirche St.Mangen einschliessen. Wie die Inklusin im Mittelalter wurden sie von der Bevölkerung mit Nahrungsmitteln versorgt und standen durch das Zellenfenster für Gespräche zur Verfügung. Insgesamt suchten 629 Personen den Kontakt, darunter 18 Schulklassen und 18 Gruppen.

Die lange in Vergessenheit geratene Wiborada von St.Gallen erfreut sich wachsender Sichtbarkeit – auch im Stadtbild. So heisst die neu eröffnete Passerelle über den Unteren Graben nach der mittelalterlichen Heiligen und Bewahrerin des Klosterschatzes. Nun ist es möglich, auf Wiboradas Spuren quer durch St.Gallen zu wandlen: von der Wiboradakapelle in St.Georgen über den Wiboradabrunnen und St.Mangen, wo Wiborada als Inklusin lebte, via der Wiboradapasserelle bis zum neuen Wiboradaraum im Süden der Stadt.

Erstmals nach einer Frau benannt: Wiboradaraum an der HSG
Denn an der Universität St.Gallen wurde erstmals ein Raum nach einer Frau benannt: Neben «Gallus» und «Vadian» trägt nun auch ein Raum im HSG SQUARE den Namen «Wiborada». Auf den ersten Blick unscheinbar, ermöglicht der Raum im Untergeschoss Rückzug und Ruhe: «Denn zu einer umfassenden Persönlichkeitsbildung gehört auch die Innenschau», sagte Tim Kramer, Intendant des HSG SQUARE, bei der feierlichen Eröffnung. Die Namensgebung ist der Beharrlichkeit von Studierenden rund um Lea Vannini zu verdanken. «Als SQUARE leben wir von Initiativen wie eurer. Dafür danke ich euch herzlich», so Kramer.

Hildegard Aepli, Initiantin des Wiboradaprojektes, hob in ihrer Rede Wiboradas historische Bedeutung hervor: «Das Erstaunliche ist: Mann (!) hat auf sie gehört. Ohne ihre Warnung vor dem Einfall der Ungarn wäre der Klosterschatz im Jahr 926 vernichtet worden – und St.Gallen heute wohl kein Weltkulturerbe.» Aepli lobte die Ausdauer der Studierenden, die das Unsichtbarmachen weiblicher Geschichte in der Stadt nicht länger hinnehmen wollten: «Der Weg, die Nachwirkungen des Patriarchats aufzuweichen ist lang und beschwerlich», so Aepli.

Ausblick auf 2026: Jubiläum zum 1100. Todestag
2026 jährt sich Wiboradas Todestag zum 1100. Mal. Für dieses grosse Jubiläum wurde ein Verein gegründet, in dem Stadt, Kultur und Kirche zusammenarbeiten. «Geplant ist unter anderem, die Wiboradazelle das ganze Jahr täglich tagsüber zu öffnen. Eine Person wird vor Ort sein, zuhören und Rat geben», verrät Hildegard Aepli. Am 02. Mai 2026, dem Wiboradatag, ist ein grosses Fest rund um die Kirche St.Mangen geplant.
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15.06.2025

Ein neuer Roman entsteht in der Wiboradazelle


Seit dem 14. Juni lebt die Italo-Amerikanerin mit bayerischen Wurzeln, Brenda Schuster, für eine Woche in der Wiboradazelle. Der geschichtsträchtige Ort dient ihr als Inspirationsquelle für ihren neuen Roman, der sich literarisch mit der Heiligen Wiborada auseinandersetzt.
Vor rund einem Jahr ist Brenda Schuster auf die faszinierende Figur Wiboradas gestossen – seither hat sie alles gelesen, was über die erste offiziell heilliggesprochene Frau der Kirche zu finden ist. Ihr Buchprojekt verbindet historische Fakten mit fiktionalen Elementen und entwirft eine lebendige Erzählung über das Leben und Wirken der Inklusin. Bereits 80'000 Zeichen umfasst das Manuskript.

Wir wünschen Brenda Schuster eine inspirierende und produktive Zeit in der Zelle – und freuen uns schon heute auf die Lektüre ihres Romans.
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12.05.2025

Neues Buch über Wiborada auf Französisch erschienen

«La Femme changée en Bliothèque» im Shop der Stiftsbibliothek St.Gallen.«La Femme changée en Bliothèque» im Shop der Stiftsbibliothek St.Gallen. Foto: Cornel Dora

Wiborada findet mittlerweile über die Schweiz hinaus Beachtung: So erschien kürzlich ein neues Buch über Wiborada in französischer Sprache. «La Femme changée en Bliothèque» (dt: «Die Frau, die in eine Bibliothek verwandelt wurde») von Lucrèce Luciani zeichnet das Leben der Märtyrerin nach, die starb, weil sie Bücher beschützt hatte.
Lucrèce Luciani, Schriftstellerin und Pschoanalytikerin, schreibt und publiziert auf beiden Seiten des Mittelmeers (Frankreich und Algerien). Ihr Werk ist alles andere als eine fromme Hagiographie. Im Fokus steht Wiboradas Liebe zu Büchern, wie es im Ankündigungstext zum Buch heisst: «Sie liebt sie, sie begehrt sie, sie träumt von ihnen, sie betrachtet sie, sie sieht sie, sie eilt zu ihnen, sie kleidet sie ein; wie sie sie betüddelt; sie näht sie, bestickt, webt sie, sie trägt sie, stapelt sie, bettet sie, wiegt sie … Sie rettet sie. «Rettet zuerst die Bücher» – das waren ihre letzten Worte. Sie, das ist Wiborada. Dies ist kein Märchen.»

Cornel Dora, Leiter der Stiftsbibliothek St.Gallen, lobt die Neuerscheinung: «La Femme changée en Bliothèque von Lucrèce Luciani ist von grossem Wert: Erstmals wird Wiborada als literarische, ja fast als künstlerische Figur dargestellt ‒ in berührenden poetischen Sprachbildern. Eine Übersetzung auf Deutsch wäre wünschenswert.»

«La Femme changée en Bliothèque» ist Shop der Stiftsbibliothek St.Gallen erhältlich.
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02.05.2025

So schön war der Wiboradatag 2025

Kunstperformance in der Kathedrale St.Gallen. Foto: Urs Bucher
Kunstperformance in der Kathedrale. Foto: Urs Bucher


Pilgern mit 100 Personen ab dem Alterszentrum Wiborada in Bernhardzell, Gottesdienst mit hunderten Luftballons und einem schwebenden Kreuz in der Kathedrale St.Gallen, Wechsel in der Wiboradazelle und Erzählperformance zu Wiboradas Leben: Das war der 02. Mai 2025.
 
Mit Hoffnung Pilgern
Rund 100 Frauen und Männer pilgerten am Wiboradatag für eine Kirche mit* den Frauen, also für Geschlechtergerechtigkeit in der römisch-katholischen Kirche. Gestartet wurde mit Kafi und Gipfeli im Alters- und Pflegezentrum «Wiborada» in Bernhardzell. Initiantin Hildegard Aepli verband in ihrer Begrüssung den Wiboradatag mit dem Motto des Heiligen Jahres 2025, «Pilger der Hoffnung»: «Für eine Kirche mit den Frauen zu pilgern, bedeutet Hoffnung! Eine vergessene Frauengeschichte wie die der Bistumsheiligen Wiborada von St.Gallen neu zu entdecken, bedeutet Hoffnung! Und bei strahlendem Sonnenschein zu pilgern, das bedeutet ebenfalls Hoffnung!» Beim Mittagshalt in der Spisegg stiess eine Gruppe Pilgerinnen aus Magdeburg (D) hinzu, die auf den Spuren der Mechthild von Magdeburg auch Wiborada von St.Gallen entdeckten. Sie pilgerten zu Fuss mit bis zur Kathedrale St.Gallen.
Fotos vom Pilgertag auf Facebook

Ab in die Luft!
Beim Gottesdienst zum Wiboradatag um 16.00 Uhr überraschte der Künstler Hans Thomann die Mitfeiernden mit einer Kunstperformance: Er liess sich über 100 Ballons reichen, befestigte sie auf einem Kreuz und liess dieses durch den Chorraum der Kathedrale schweben – passend zum Gedicht von Hilde Domin: «Ich setzte meinen Fuss in die Luft – und sie trug.» Dazu improvisierte Domorganist Christoph Schönenfelder auf der Orgel. Mit Spannung erwarteten nicht nur die vielen Kinder, die dabei waren, ob es Hans Thomann auch gelingen würde, das schwebende Kreuz wieder zu erden. Schliesslich erhielt jede mitfeiernde Person einen Luftballon, verbunden mit dem Segen und Zuspruch: «Habe Mut! Setze deinen Fuss in die Luft – denn sie trägt.»
Zum Video der Kunstperformance auf Instagram

Wechsel in der Wiboradazelle
Um 18.30 Uhr verliess Irene Franziska Meli nach einer Woche die Wiboradzelle. Sie erzählte von berührenden Begegnungen, aber auch von Heimweh nach ihrer Familie. «Ich habe mich sofort wohlgefühlt in der Wiboradazelle. Aber jetzt war es auch Zeit, wieder rauszukommen», sagte sie beim Aufschliessritual im Gespräch mit Pfarrerin Kathrin Bolt. Neu in die Zelle zog Brigitte Schoepf. Die gebürtige Tirolerin habe erstmals vor 30 Jahren bei einer Stadtführung von Wiborada gehört, als sie neu nach St.Gallen zog, erzählte sie. Sichtlich bewegt freute sie sich schon auf die Tage als Inklusin. «Wie Wiborada werde ich einem Handwerk nachgehen und für meine Nichten und Neffen Socken lismen», sagte sie.
Infos zum nächsten Ein- bzw. Aufschlussritual

Standing Ovations bei der Erzählperformance
Einen eindrücklichen Abschluss erhielt der Wiboradatag mit der Uraufführung von «Wiborada. Ein Frauenleben im frühen Mittelalter». Moni Egger und das Klosterhofquartett erzählten Wiboradas Geschichte neu mit berührenden Melodien und Bildern, die vor dem inneren Auge entstanden. Mit «Standing Ovations» wurden die Künstler:innen für ihre rund zweistündige Darbietung geehrt. Die Erzählperformance geht nun auf Tournee nach Wil (22.05.), Thalwil (14.09.) und Zürich (24.09.)
Mehr zur Erzählperformance und den Tourdaten erfahren
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28.04.2025

Raum im HSG SQUARE wird nach Wiborada benannt

Wiboradaraum im HSG Square

Foto: Lea Vannini und Aline Zengaffinen präsentieren den neuen Wiboradaraum. Foto: Ines Schaberger

Zum ersten Mal wird an der HSG ein Raum nach einer Frau benannt: Neben Vadian und Gallus kommt Wiborada zu den Raumnamen des SQUAREs dazu.

Gerne laden wir euch am 21. Mai 2025 um 16.30 Uhr zur offiziellen Eröffnung des Raumes mit Apéro ein.
  • Welchen Zusammenhang gibt es zwischen dem Raum und der ersten heiliggesprochenen Frau in der römisch-katholischen Kirche?
  • Wie sieht dieser Raum im Untergeschoss aus?
  • Und welche Nutzungsmöglichkeiten gibt es?

Bei der offiziellen Eröffnung mit Tim Kramer (Intendant SQUARE) und Hildegard Aepli (Inititiantin des Wiborada-Projektes) sowie Studierenden werden alle Fragen beantwortet und der neuentdeckte Raum gefeiert.

Kuchenspenden gesucht
Student und Barkeeper Roman wird für unser leibliches Wohl sorgen. Darüber hinaus freuen wir uns über Kuchen- und Snackspenden für den Apéro. Wer etwas mitbringen kann, trage sich hier ein. 

Wiborada von St.Gallen: Inklusin und Ratgeberin
Wiborada ist neben Gallus und Otmar die dritte St.Galler Stadtheilige, fristet aber in St.Gallen bis heute ein Schattendasein. Die unerschrockene Frau liess sich 916 in eine Zelle bei der Kirche  St.Mangen als sogenannte Inklusin einschliessen. Beim gewaltsamen Einfall der Ungarn bezahlte sie 926 mit ihrem Leben dafür. In ihrer Zelle stand ein Fenster stets offen für jene, die Rat und Hilfe  suchten. Die beiden Viten über Wiborada erzählen, dass sich Äbte, Fürsten, Adlige, Mönche und  Menschen der Stadt an ihrem Fenster beraten liessen.

Das Wiborada-Projekt
Wiborada von St.Gallen ist eine der drei St.Galler Stadtheiligen. Mit dem Projekt Wiborada2021-2026 möchte ein Team der evangelisch-reformierten und römisch-katholischen Kirche ihr den Platz in der Geschichte einräumen, der ihr gebührt. Von 25.April bis 30.Mai 2025 lassen sich vier Frauen und ein Mann für je eine Woche in der nachgebauten Wiborada-Zelle bei St.Mangen einschliessen, um der mittelalterlichen Heiligen nachzuspüren. Ihr Fenster zur Stadt öffnen sie täglich von 12.30-13.30 Uhr und von 17.30-18.30 Uhr und stehen für Gespräche zur Verfügung. Interessierte können jeweils freitags um 18.30 Uhr den Wechsel der eingeschlossenen Personen miterleben.
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25.04.2025

Ein Frauenleben im frühen Mittelalter: Moni Egger erzählt Wiborada neu

Moni Egger (links) und das Klosterhofquartett. Foto: Thomas Kolter
Foto: Moni Egger (links) und das Klosterhofquartett. Foto: Thomas Kolter

Am Wiboradatag, dem 02.Mai 2025, präsentiert die Ostschweizer Märchenerzählerin Moni Egger mit dem Vokalensemble Klosterhofquartett erstmals die Erzählperformance «Wiborada. Ein Frauenleben im frühen Mittelalter» in der Kirche St.Mangen.
«Was treibt eine Frau in der Blüte ihres Lebens an, sich auf zehn Quadratmeter Lebensraum zu beschränken und ohne Sonnenlicht in kalten Mauern zu bleiben?» Diese Frage beschäftigte die Ostschweizer Bibel- und Märchenerzählerin Moni Egger, als sie für eine Woche in die nachgebaute Wiborada-Zelle bei der Kirche St.Mangen zog.
«Beim Ankommen fiel mir zuerst der Baustellenlärm auf. Und in der Klause war es eiskalt. Aber kaum hatte ich den Computer auf den hellen Holztisch gestellt, drangen weder Lärm noch Kälte mehr durch. Beides war zwar noch da, hatte aber keine Bedeutung mehr für mich. So muss es Wiborada auch gegangen sein!, dachte ich mir...», so die Theologin sowie Märchen- und Bibelerzählerin.

Ein erster Zugang zu Wiborada war gefunden. Mit Hilfe von Büchern und Phantasie entstand daraus eine Erzählfassung zu Wiboradas Leben – orientiert an der Heiligenlegende, die der Mönch Ekkehard bereits um 960 n. Chr. aufgeschrieben hatte.

Moni Egger erzählt die Geschichte Wiboradas auf Schweizerdeutsch, von ihrer Kindheit an und bis über ihren Tod hinaus, nah an den legendarisch überlieferten Ereignissen und den historischen Begebenheiten jener Zeit. Ergänzt wird sie dabei durch das Vokalensemble Klosterhofquartett mit Bettina Kugler (Sopran), Rita Keller (Alt), Christoph Strässle (Tenor) und Walter Raschle (Bass).

Erzählerin Moni Egger (Mitte) und das Klosterhofquartett. Foto: Thomas Kolter

Eine hochsensible Frau in unsicheren Zeiten
Die gut zweistündige Erzählung mit einer kurzen Pause dazwischen gibt Einblick in Alltag, Leben und Glauben des Mittelalters. Sie geht der Frage nach, was in unsicheren Zeiten Halt geben kann und Sicherheit stiftet, wenn die Welt aus den Fugen zu geraten scheint. Denn: «Im frühen Mittelalter herrschte eine gewisse Weltuntergangsstimmung», erzählt Moni Egger von ihrer Faszination für diese Epoche. Ende des 9. und zu Beginn des 10. Jahrhunderts prägten Machtkämpfe in Kirche und Politik die Welt. «Wir sind nicht die ersten, die in einer Zeit leben, wo das Alte nicht mehr funktioniert und das Neue noch nicht da ist», so die Erzählerin. Die St.Galler Stadtheilige Wiborada deutet Moni Egger als hochsensible Frau, die durch ihre Wahrnehmungsfähigkeit andere beraten konnte. «Mit dem einen Fenster zur Stadt und dem anderen in die Kirche entschied die Inklusin souverän, wie viel von der Welt sie zu ihr liess und was draussen blieb», so Moni Egger. Ihrer Weisheit und Wachheit ist es zu verdanken, dass in der Stiftsbibliothek St.Gallen heute noch über tausend Jahre alte Bücher bestaunt werden können. Viele andere Klosterbibliotheken im deutschsprachigen Raum fielen den sogenannten Ungarneinfällen des 9. und 10. Jahrhunderts zum Opfer. Selbst blieb sie in ihrer Klause und wurde von den hereinbrechenden Reitertruppen erschlagen. 1047 wurde Wiborada als erste Frau offiziell von Papst Clemens II heiliggesprochen.

Exklusiv bei der Premiere: Eintritt frei
Bei der Premiere am 02. Mai 2025 um 19.30 Uhr in der Kirche St.Mangen ist der Eintritt frei. Dies wird möglich gemacht durch Sponsoren wie der Arnold Billwiller Stiftung, der E.Fritz und Yvonne Hoffmann-Stiftung, dem Erwachsenenbildungsfond der Evang.ref. Kirche des Kantons St.Gallen, Kultur St.Gallen Plus sowie der Stadt St.Gallen.

Nach der Uraufführung in St.Gallen geht die Erzählperformance auf Tournee u.a. nach Wil, Thalwil und Zürich.

Das Wiborada-Projekt
Wiborada von St.Gallen ist eine der drei St.Galler Stadtheiligen. Mit dem Projekt Wiborada2021-2026 möchte ein Team der evangelisch-reformierten und römisch-katholischen Kirche ihr den Platz in der Geschichte einräumen, der ihr gebührt. Von 25.April bis 30.Mai 2025 lassen sich vier Frauen und ein Mann für je eine Woche in der nachgebauten Wiborada-Zelle bei St.Mangen einschliessen, um der mittelalterlichen Heiligen nachzuspüren. Ihr Fenster zur Stadt öffnen sie täglich von 12.30-13.30 Uhr und von 17.30-18.30 Uhr und stehen für Gespräche zur Verfügung. Interessierte können jeweils freitags um 18.30 Uhr den Wechsel der eingeschlossenen Personen miterleben.
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04.02.2025

Das sind die Wiborada-Inklusinnen und der Inkluse im Jahr 2025

Die Inklusinnen und der Inkluse in der Wiborada-Kapelle in St.Georgen: v.l.n.r.: Brigitte Schoepf, Irene Franziska Meli, Tim Mahle, Petra Gächter, Simone Capaul. Fotocredits: Urs Bucher
Vom Bodensee bis zum Zürichsee kommen die vier Inklusinnen und der Inkluse, die im April und Mai 2025 für je eine Woche in der nachgebauten Wiborada-Zelle leben werden. Sie lassen sich wie die Stadtheilige aus dem 10. Jahrhundert in eine Klause bei der Kirche St.Mangen einschliessen.
Foto: Die Inklusinnen und der Inkluse in der Wiborada-Kapelle in St.Georgen. v.l.n.r.: Brigitte Schoepf, Irene Franziska Meli, Tim Mahle, Petra Gächter, Simone Capaul. Fotocredits: Urs Bucher 

Irene Franziska Meli aus Romanshorn macht den Anfang vom 25. April bis zum 02. Mai 2025. «Wiborada hat sich klar und radikal für ihre Haltung und gegen die damaligen Konventionen entschieden », sagt die 56-Jährige. Denn sie entschied sich, weder einem Mann noch einer Ordensgemeinschaft zu dienen, sondern sich in den Dienst Gottes zu stellen. Die Sozialarbeiterin und begeisterte Jakobsweg-Pilgerin will in der Wiborada-Zelle unter anderem folgenden grossen Fragen nachspüren: «Bin ich auf dem richtigen Weg? Ist meine Lebensgestaltung stimmig? Will ich mich in meinen letzten neun Berufsjahren nochmals beruflich verändern?»

Mit 70 Jahren ist Brigitte Schoepf die älteste Inklusin im Jahr 2025. Sie lebt vom 02.-09.Mai in der Wiborada-Zelle. An Wiborada fasziniere sie die einfache und bescheidene Lebensweise. «Die Zurückbesinnung auf das Wesentliche und das Loslassen von Materiellem erhoffe ich mir von meiner Woche als Inklusin», so die Rentnerin.

Einen Tag nach ihrem 46. Geburtstag zieht Simone Capaul in die Wiborada-Zelle, wo sie vom 09.-16.Mai. sein wird. Besonders Respekt davor hat die Kleinkinderzieherin, Katechetin und psychologische Beraterin davor, Zeit ohne ihre Familie zu verbringen und sich «ohne Ablenkung auf mich selbst und auf Gott einzulassen». Umso mehr freut sich die Kaltbrunnerin «auf die Gespräche mit allen Menschen, die ans Fenster kommen». Denn wie die anderen Inklusinnen und der Inkluse wird sie zweimal pro Tag ihr Fenster zur Stadt hin öffnen und von 12.30 bis 13.30 Uhr sowie von 17.30 Uhr bis 18.30 Uhr für Gespräche zur Verfügung stehen.

Grossen Respekt hat der 42-jährige Tim Mahle davor, in der Woche vom 16.-23. Mai ohne gewohnte Tagesstrukturen und mediale Zugänge zu verbringen. «Mein Handy ist nicht nur mein Kommunikationskanal, sondern auch Terminkalender, Notizbuch und Arbeitsgrundlage», sagt der reformierte Cityseelsorger und Pfarrer der Kirchengemeinde Straubenzell. Seine To-Do-Listen beiseite zu legen, werde nicht einfach. Doch frei von jeglichen Ablenkungen und Störungen des Alltags, möchte er seine Zeit nutzen, um zur Ruhe zu kommen.

Die Schulleiterin und Primarlehrerin Petra Gächter (23.-30. Mai) erinnert sich daran, in der Schule die Legende des heiligen Gallus gehört zu haben. Wiboradas Geschichte sei jedoch viel zu wenig bekannt, bedauert die 51-jährige St.Gallerin. Denn ohne die vorausschauende Wiborada, die die St.Galler Mönche vor einem Einfall der Ungarn warnte, gäbe es «kein St.Gallen, wie wir es kennen. Alle kulturellen, kirchlichen Schätze, auf die wir so stolz sind, würde es vermutlich ohne Wiborada so nicht mehr geben», bringt sie auf den Punkt.

Wiborada von St.Gallen: Inklusin und Ratgeberin 

Wiborada ist neben Gallus und Otmar die dritte St.Galler Stadtheilige, fristet aber in St.Gallen bis  heute ein Schattendasein. Die unerschrockene Frau liess sich 916 in eine Zelle bei der Kirche  St.Mangen als sogenannte Inklusin einschliessen. Beim gewaltsamen Einfall der Ungarn bezahlte sie 926 mit ihrem Leben dafür. In ihrer Zelle stand ein Fenster stets offen für jene, die Rat und Hilfe  suchten. Die beiden Viten über Wiborada erzählen, dass sich Äbte, Fürsten, Adlige, Mönche und  Menschen der Stadt an ihrem Fenster beraten liessen.

Wiborada-Projekt 

Mit dem Projekt Wiborada2021-2026 möchte ein ökumenisches Team ihr den Platz in der Geschichte einräumen, der ihr gebührt. Seit 2021 lassen sich jedes Jahr fünf Personen für je eine Woche in der  nachgebauten Zelle der Wiborada von St.Gallen einschliessen. So spüren sie dem Leben der  mittelalterlichen Heiligen nach und entdecken ihre Bedeutung für Stadt und Kanton heute. 
 
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03.02.2025

«Ohne Wiborada gäbe es kein St. Gallen, wie wir es kennen»

Petra Gächter Wiborada Inklusin
Schulleiterin Petra Gächter (23.-30. Mai) erinnert sich daran, in der Schule die Legende des heiligen Gallus gehört zu haben. Wiboradas Geschichte sei jedoch viel zu wenig bekannt, bedauert die 51-jährige St.Gallerin. Warum es sich lohnt, mehr über Wiborada zu erfahren, erzählt sie im Interview.

Was fasziniert dich an Wiborada?

Ihr Mut! Ich kenne ihre Geschichte noch nicht so lange, war aber von Anfang an fasziniert davon.

Mit welchen drei Worten würdest du Wiborada beschreiben?

Mutig, stark, unabhängig.

Warum findest du es wichtig, im 21. Jahrhundert noch von Wiborada zu reden / das Gedächtnis an sie wach zu halten?

Ich mag mich gut erinnern, als in der Primarschulzeit die Legende von Gallus erzählt worden ist. Diese bringe ich unweigerlich mit St. Gallen in Verbindung. Ich wohne in der Nähe und gehe häufig an der Mühlegg-Talstation vorbei und am Bild von Gallus mit dem Bären. Er ist der Namensgeber unserer Stadt.

Wiboradas Geschichte ist dokumentiert und ebenso beeindruckend, wie ich finde. Nur kennen diese viel zu wenige Menschen und das ist sehr schade. Auch sie prägte St. Gallen massgeblich. In meinem einfachen Verständnis heisst es eigentlich: ohne Wiborada kein St. Gallen, wie wir es kennen. Alles wäre anders geworden und alle kulturellen, kirchlichen Schätze, auf die wir so stolz sind, würde es vermutlich ohne Wiborada so nicht mehr geben.

Dass die erste offiziell heiliggesprochene Frau «unsere» Wiborada ist, finde ich, darf man schon an die grosse Glocke hängen. Eine unglaublich interessante und starke Frau.

Was erhoffst du dir von deiner Woche als Inklusin?

Ich erhoffe mir, ganz viel Ruhe zu erleben und mich mit der Stille auseinanderzusetzen. Ich erhoffe mir, dass ich vielleicht den einen oder anderen Gedanken finde, der mich nachher im Alltag weiterträgt. Durch dieses einfache Leben während dieser Woche erhoffe ich mir, nachher wieder etwas «achtsamer» durch den Alltag zu gehen.
Ich erlebe jetzt schon, dass meine Inklusinnenwoche sehr viele angeregte Gespräche ergibt und die Reaktionen darauf sehr interessant sind.

Wovor hast du Angst oder Respekt?

Mein Alltag sonst ist sehr lebhaft und abwechslungsreich. Ich bin schon beruflich immer in Kontakt mit anderen Menschen. Wie gehe ich mit dem Alleinsein um? Was macht der Handy-Entzug mit mir? Wie verbringe ich meine Zeit? Was ist, wenn ich nicht erreichbar bin? Geht an meiner Schule alles gut? Was, wenn sie mich gerade jetzt brauchen?

Vor dem Kontakt mit den Menschen am Fenster habe ich auch grossen Respekt. Habe ich das Feingefühl, das «Richtige» zu sagen? Spüre ich, wenn ich «nur» zuhören soll?

Wen denkst du, wirst du am meisten vermissen in der Zelle?

Sicherlich meine Kinder. Mit ihnen zu sprechen und zu hören, wie es ihnen grad geht.

Die Möglichkeit, jederzeit nach Lust und Laune eine Runde um die Weieren oder in der Stadt zu drehen. Mit Freunden draussen eine Apéro zu geniessen. Meine Spotify Playlisten.

Und was überhaupt nicht?

Vieles Alltägliche, was man halt einfach machen «muss». Auspacken der Taschen nach dem Einkaufen, Mails beantworten, administrative Dinge daheim…
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03.02.2025

«Mit meinem Handy meine To-Do-Listen beiseite zu legen, wird nicht einfach für mich…»

Wiborada Inkluse Tim Mahle
Grossen Respekt hat der 42-jährige Tim Mahle davor, in der Woche vom 16.-23. Mai ohne gewohnte Tagesstrukturen und mediale Zugänge zu verbringen. Wie er die gewonnene Zeit nutzen will, verrät der reformierte Cityseelsorger und Pfarrer der Kirchengemeinde Straubenzell im Interview.
 
Was fasziniert dich an Wiborada?


Wiborada hat es auf beeindruckende Weise geschafft, ihr Leben selbstbestimmt zu gestalten. Sie folgte ihrer inneren Stimme und liess sich nicht von den fremden Erwartungen oder Meinungen in ihrem Umfeld verunsichern. In ihrer Lebensweise zeichnete sie sich durch eine hohe Achtsamkeit gegenüber sich selbst, aber auch gegenüber ihren Mitmenschen und Gott aus. Sie schafft es, sich von materiellem Denken zu lösen und asketisch zu leben. Trotz ihres weltlichen Verzichts findet Wiborada in ihrem tiefen Vertrauen auf Gott Sinn und Erfüllung.

Mit welchen drei Worten würdest du Wiborada beschreiben?

Mutig, beharrlich, anders

Warum findest du es wichtig, im 21. Jahrhundert noch von Wiborada zu reden / das Gedächtnis an sie wach zu halten?

Wiborada zeigt, wie wichtig es ist, die eigenen Bedürfnisse und Gefühle wahrzunehmen und daraus eigene Wünsche und Ziele zu formulieren. Sie entwickelt eine klare Haltung und Meinung und wird durch diese für andere erkennbar. Ihr Verzicht wirkt gerade in der heutigen Zeit, die durch Überfluss, Freiheit, unzählige Entscheidungsmöglichkeiten und den Wunsch alles erreichen zu wollen, geprägt ist, positiv irritierend und provozierend. In ihrer Entsagung finden sich jedoch gerade Glück und Erfüllung, nach denen wir heutzutage suchen.
 
Was erhoffst du dir von deiner Woche als Inkluse?


Ich wünsche mir, achtsamer zu werden für mich selbst, für Gottes Stimme und seine Spuren in meinem Leben, aber auch für die Menschen, denen ich am Fenster begegnen werde. Die Zeit möchte ich dafür nutzen, frei von jeglichen Ablenkungen und Störungen des Alltags, zu reflektieren, zur Ruhe zu kommen, in Kontakt mit Gott zu treten, aber auch ohne die Annehmlichkeiten des Alltags zu leben und meine Spiritualität weiterzuentwickeln.

Wovor hast du Angst/besonderen Respekt?

Respekt habe ich davor, eine Woche ohne gewohnte Tagesstrukturen und mediale Zugänge zu verbringen. Mein Handy ist nicht nur mein Kommunikationskanal, sondern auch Terminkalender, Notizbuch und Arbeitsgrundlage. Meine To-Do-Listen damit bei Seite zu legen, wird nicht einfach für mich.

Was oder wen wirst du am meisten vermissen in der Zelle?

Am meisten werde ich meine Familie vermissen, sowie die Möglichkeit, mich frei bewegen zu können oder tun zu können, was ich gerade möchte.


Und was überhaupt nicht?

Aktuell fällt mir dazu nichts ein. Sicherlich wird mir während der Zeit in der Wiborada-Zelle bewusst werden, auf was ich im Alltag problemlos verzichten kann.
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03.02.2025

«Wiborada war eine Rebellin»


Wiborada Inklusin Simone Capaul im InterviewEinen Tag nach ihrem 46. Geburtstag zieht Simone Capaul in die Wiborada-Zelle, wo sie vom 09.-16.Mai. sein wird. Wovor die Kleinkinderzieherin, Katechetin und psychologische Beraterin besonderen Respekt hat, erzählt sie im Interview.

Was fasziniert dich an Wiborada?

Mich fasziniert, dass Wiborada eine Rebellin war. Sie hat sich entschieden, Gott und den Menschen zu dienen. Entgegen der Traditionen von damals, wollte sie sich nicht einem Ehemann oder einer Äbtissin unterordnen. Sie entschied sich, ihren eigenen Weg zu gehen und auf ihre eigene Weise die Liebe Gottes an die Menschen weiterzugeben. Sie ist mit ihrem Bruder nach Rom gepilgert, weil es ihr ein grosses Bedürfnis war und hat sich später einmauern lassen. Sie hat ihr Leben Gott und den Menschen gewidmet und gleichzeitig ihre Sehnsucht nach innerer Freiheit ernst genommen. Das bewundere ich sehr.

Mit welchen drei Worten würdest du Wiborada beschreiben?

Vertrauen / Eigenständigkeit / Liebe

Warum findest du es wichtig, im 21. Jahrhundert noch von Wiborada zu reden / das Gedächtnis an sie wach zu halten?

Weil Wiborada für sich selbst eingestanden ist. Ich finde es sehr wichtig, dass jeder Mensch seinen eigenen Weg finden und gehen darf. Ich wünsche mir und allen Menschen, den Mut zu haben, herauszufinden, was für mich/sie wirklich wichtig ist und dafür einzustehen.

Wiborada war selbstlos für die Menschen da, hat ihnen zugehört und hat Ihnen Rat geschenkt.

Wiborada hatte ein unerschütterliches Gottvertrauen.

Was erhoffst du dir von deiner Woche als Inklusin?

Ich erhoffe mir Zeit mit Gott und Zeit mit mir selbst, Zeit, in der ich mich auf die Spiritualität in mir einlassen kann. Und ich freue mich auf die Gespräche mit allen Menschen, die ans Fenster kommen.

Wovor hast du Angst/besonderen Respekt?

Es wird eine grosse Herausforderung für mich sein, mich ohne Ablenkung auf mich selbst und auf Gott einzulassen. Vor den vielen Stunden ohne Kontakt zu anderen Menschen habe ich Respekt.

Was oder wen wirst du am meisten vermissen in der Zelle?

Ich werde meinen Mann und meine beiden Kinder (15 J. / 16 J.) vermissen und die Freiheit, jederzeit in die Natur hinausgehen zu können.

Und was überhaupt nicht?

Alle digitalen Medien, den Haushalt…
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03.02.2025

«Ich will meine Träume wieder mehr beobachten»

Inklusin Brigitte Schoepf
Mit 70 Jahren ist Brigitte Schoepf die älteste Inklusin im Jahr 2025. Sie lebt vom 02.-09.Mai in der Wiborada-Zelle. An Wiborada fasziniere sie die einfache und bescheidene Lebensweise. «Die Zurückbesinnung auf das Wesentliche und das Loslassen von Materiellem erhoffe ich mir von meiner Woche als Inklusin», so die Rentnerin im Interview.

Was fasziniert dich an Wiborada?

Ihre einfache und bescheidene Lebensweise und ihr Offensein für Menschen und die Welt faszinieren mich.

Mit welchen drei Worten würdest du Wiborada beschreiben?

hilfsbereit, sozial, bei sich bleiben

Was erhoffst du dir von deiner Woche als Inklusin?

Die Zurückbesinnung auf Wesentliches und das Loslassen von Materiellem erhoffe ich mir von meiner Woche als Inklusin. Ausserdem will ich meine Träume wieder mehr beobachten und lernen, «Nein» sagen zu dürfen.

Wovor hast du besonderen Respekt?

Die Tage als Inklusin vergehen zu schnell. Ich habe Respekt davor, die Erkenntnisse der Woche danach umzusetzen.

Was denkst du, wirst du am meisten vermissen in der Zelle?

Bewegung

Und was überhaupt nicht?

TV, immer erreichbar sein
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03.02.2025

«Was mir nicht fehlen wird? Das Gefühl, im Hamsterrad zu drehen!»

Irene Franziska Meli
Irene Franziska Meli aus Romanshorn macht den Anfang vom 25. April bis zum 02. Mai 2025. «Wiborada hat sich klar und radikal für ihre Haltung und gegen die damaligen Konventionen entschieden », sagt die 56-Jährige. Die Sozialarbeiterin und begeisterte Jakobsweg-Pilgerin will in der Wiborada-Zelle ganz grossen Lebensfragen nachspüren, erzählt sie im Interview.

Was fasziniert dich an Wiborada?

Wiborada hat sich klar und radikal für ihre Haltung und gegen die damaligen Konventionen entschieden. Sie wollte weder einem Mann noch einer Ordensgemeinschaft «dienen», sondern sie stellte sich in den Dienst Gottes. Und diesem liebenden Dienst blieb sie konsequent treu bis zu ihrem bitteren Ende.

Mit welchen drei Worten würdest du Wiborada beschreiben?

liebend, wissend, dienend

Warum findest du es wichtig, im 21. Jahrhundert noch von Wiborada zu reden?

Unsere Zeit verführt uns zu einem hektischen Im-Aussen-Sein. Wiborada lädt uns ein, im Innen bei Gott und somit in der Liebe zu sein.

Was erhoffst du dir von deiner Woche als Inklusin?

Ich erhoffe mir genügend Zeit zur Einkehr. Ich möchte eintauchen auf den Grund meines Seins und dort mit meinen Fragen der göttlichen Liebe begegnen: Stehe ich an einer Wegkreuzung? Bin ich auf dem richtigen Weg? Ist meine Lebensgestaltung stimmig? Mein Wohnort? Will ich mich in meinen letzten neun Berufsjahren nochmals beruflich verändern?

Wovor hast du Angst oder besonderen Respekt?

Ich würde nie im Parterre wohnen. Ich habe wohl von meiner Mutter diesbezüglich eine gewisse Ängstlichkeit übernommen. Wiborada lebte – wie ich als Inklusin – in einer ebenerdigen Klause. Das könnte für mich bedrohlich sein. Ich habe grossen Respekt davor…

Was wirst du am meisten vermissen in der Zelle?

Ich werde die Möglichkeit der freien Wahl meines Tuns und Lassens vermissen: Was möchte ich unternehmen, wen treffen, was essen, wobei tätig sein?

Ich werde den unmittelbaren Blick aus meiner Wohnung auf den See vermissen, ausgedehnte Spaziergänge mit meinem Hütehund vermissen und das schnelle «Googlen» für all meine Sachfragen.

Und was überhaupt nicht?

Mein manchmal hektischer beruflicher Alltag mit all den Mails und dem Gefühl, im Hamsterrad zu drehen, werden mir nicht fehlen.
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